Ins eigene Bild schneiden, Performance! Pressetext




Mit seinen Votivbildern fordert Michael Endlicher beim Betrachter eigenmächtiges Handeln ein. Man muss sich für einen Begriff entscheiden, sich durch die Art der Hängung des Bildes deklarieren. Eines der beiden aus dem Bild herausgeschnittenen „4-letter-words“ steht immer oben, während unten, am Kopf stehend, das Gegenwort "gebannt" wird. Die beiden Wörter und ihre Beziehung zueinander schaffen den Raum, der Bilder entstehen lässt.
In der Performance Ins eigene Bild schneiden ist man nun schon vor der Fertigstellung der Votivbilder involviert: Die Galeriebesucher sind aufgerufen, dem Künstler nach Lust und Laune Buchstaben vorzugeben. Aus der dabei zufällig entstandenen Buchstabenreihe verwendet Endlicher jeweils vier aufeinanderfolgende Buchstaben und schneidet diese als neue „Vierbuchstabenbegriffe“ live in die Bildcorpora hinein.
Mit diesen Votivbildern 2.0 geraten die Betrachter nun in eine neue Dimension der Bedeutungssuche. Denn wie Jorge Luis Borges in der Bibliothek von Babel postuliert, kommt auch der vermeintlich sinnlosesten Buchstabenkombination in irgendeiner Sprache eine Bedeutung zu.
Ohne langes Grübeln über Wörter und Gegenwörter wirkt die zufällige Buchstabenvorgabe als vereinfachender, beschleunigender Faktor bei der Bildproduktion, darüberhinaus aber auch als vermutlich langwierige Sinnstiftungsmethode.
Die Performance ist jedenfalls – ganz im Wortsinn – als Leistungsschau konzipiert:
Wie viele Bilder kann der Künstler in der 5 stündigen Aktion während des Galerienrundgangs fertigstellen? Kann sich die eine oder andere Buchstabenfolge schon vor Ort als sinnstiftend erweisen? Und welche Bilder entstehen in der Konfrontation zwischen Sinn und Un-Sinn?

Endlicher, 2008