Manifest: Kritikbilder!




Die Zukunft der Malerei liegt in ihrer Kritik!


1  Die mediale Bedeutung von Kunstkritik, Kuratorenwesen und Museumspolitik drängt die der Kunstschaffenden an den Rand. Kunstbewerter und -beschreiber sind wichtiger geworden als die Künstler selbst. Was ist zu tun? Malerinnen und Maler: übt euch in Textverarbeitung! Setzt den geschriebenen Kritiken gemalte entgegen! Die Kunstkritik von heute ist die Kunst von morgen!

2  Im Fundstück steckt Wahrheit: Alle gemalten Texte sind Originalzitate aus kritischen Besprechungen über Kunstwerke. Die Anonymität des Autors ermöglicht eine vorurteilsfreie inhaltliche Auseinandersetzung. Der Kritikmaler garantiert, dass er niemals Kritiken selbst erfindet (allenfalls minimal zuspitzend eingreift) und dass er seine Quellen niemals aufdeckt.

3  Kritikmalerei versteht sich als Bastion gegen die hysterische Bilderproduktion der globalisierten Medien- und Kunstindustrie; als Aufbegehren der „Urkunstform“ Malerei.

4  Kritikmalerei ist einfach, rauh, ärmlich, im besten Sinne „handgemacht“, sie vertraut ausschließlich auf „altmodische“, dem merchandising-konformen Hightech-Establishment zuwiderlaufende Materialien.

5  Text ist das zentrale bildnerische Element; Schriften sind prinzipiell schlicht und schnörkellos, Lesbarkeit - mit streckenweise erwünschtem Aufwand für den Betrachter - ist die einzige typografische Anforderung.

6  Gegenständliche Bildelemente sind möglich, dürfen jedoch maximal optisch gleichgewichtig zum Text erscheinen.

7  Kritikmalerei wendet sich an ein mündiges Publikum: Dieses benötigt längst kein klassisches Gemälde mehr, der Text im Tafelbildrahmen erzeugt im geistigen Auge des Betrachters das bis zu 100% persönliche Tafelbild, da es sich - ohne vorgegebene Bilddarstellung - nur mehr am individuell abgespeicherten, bildnerischen Erfahrungsschatz orientieren kann.

8  Kritikmalerei wendet sich an ein unmündiges Publikum: Die im Bild integrierte Bewertung auf höchstem inhaltlichen und sprachlichen Niveau garantiert eine unvergängliche Rezeption des Werks und damit eine allen schnelllebigen Trends resistente Wertbeständigkeit. Eigenständiges Kunstempfinden und Urteilsvermögen sind somit endlich verzichtbar.

9  Malerei ist nicht tot, sie riecht nur sonderbar.

10 Lackierte Malerei statt gelackter Kunst!

 


Endlicher, 2001