Definitiv: Kunst! Unerhörte Aktionen von CEMS




In seinen Aktionen dekonstruiert das Künstlerduo CEMS | Michael Endlicher   Cynthia Schwertsik | das System Kunsttheorie mithilfe eines Kanons neu erfasster Kunstrichtungen, dessen zugrunde liegendes Glossar Definitiv: Kunst! Von Arcadientia bis Zöllitrophismus laufend erweitert wird. (Derzeit umfasst es 19 Einträge). Vor und mit dem Publikum werden Kunstbegriffe wie Lavouriplenkunst, Hollibusta Art oder Sisolwenztheorien in performative Akte und bildnerische Artefakte übersetzt.
CEMS arbeiten sich ab an der Quadratur des Kreislaufs
Kunst machen – Kunst bewerten – Kunst vertreiben – Kunst machen. Die Auftürmung neugeborener Wortsysteme aus dem monolithischen Referenzsystem der Kunstgeschichte und -kritik reibt sich an Performance und Street Art. Im Sprechakt verschwimmen die hermetischen Wortwolken zur akustischen Buchstabensuppe der Kunstgeschichte. CEMS präsentieren Definitionsprozesse in der bildenden Kunst als radikal subjektives Zuschreibungsverfahren, in dem die Bewertungen jeweils nach Kommen und Gehen der theoretischen Standpunkte und künstlerischen Verfahren fließend durchmischt werden. Ergebnis: Eine Verortung des Kunstbegriffs in der Zeit (der Aktion).



> Wider das Zuckerbergmonopol | Performance & Display by CEMS, Werkstadt Graz, Sporgasse 20, 8010 Graz, Juli 2015.
Als theoretischer Hintergrund aus dem Glossar fungierte diesmal die Buthophottie: In der Performance vor der Galerie wurden Habseligkeiten der PassantInnen in Würfelzuckerwürfeln aufgewogen; in der Galerie dokumentierten zwei Zuckerwürfelskulpturen das fragile energetische Gleichgewicht der Aktion. Darüberhinaus waren erstmals die Theorieschlipse zu sehen.



> Running Theory Generation | Performance & Display by CEMS im neuen GPL SPACE IV, Pressgasse 30, 1040 Wien, Juni 2015.
In der Performance wurde die 18. Kunstrichtung des Glossars – Valoakuvaajarottamena – mit Hilfe des Publikums zelebriert, außerdem die neuen Theoriekissen präsentiert. Die Tischinstallation Es ist angerichtet bot den BesucherInnen eine Zusammenschau des Glossars in Definitionen und Objekten.



> Referentieller Querverweis: Ich brauch Tapetenwechsel! CEMS im MUSA
Die CEMS-Performance mit Christoph Braendle als Konferencier fand innerhalb der Ausstellung Die Siebziger Jahre. Expansion der Wiener Kunst des MUSA Wien, am 22. November 2013, im Rahmen der Vienna Art Week statt.

Sehen Sie dazu die 18 minütige Videodokumentation.

Die vierte Intervention des Künstlerduos CEMS bestand aus fünf Elementen, die fließend ineinander griffen.
1. Definitionen als Artefakte
Die Begriffe waren jeweils in „konzeptuell ausgewählte“ Tapeten geschrieben, diese Bahnen in der Ausstellung an thematisch relevanter Stelle platziert – frei von der Decke hängend und dabei neue Räume und Wege andeutend, sodass die Besucher „zwischen den Begriffswelten pendeln“ konnten. Während die Begriffe nach außen wiesen, waren auf den Innenseiten die Definitionen – in Handschrift verfasst – zu lesen.
2. Der aus der Schweiz gebürtige, seit langem in Wien lebende Schriftsteller Christoph Braendle hielt nicht nur das Eröffnungsstatement, sondern führte auch anhand konkreter Arbeiten aus der MUSA-Ausstellung in die vergleichende CEMS-Kunsttheorie ein. Die Ausführungen des prominenten Nicht-bildenden-Künstlers – die sich den üblichen Floskeln bei Eröffnungsreden widersetzten – spiegelten nicht zuletzt die CEMS-Kritik an der hermetischen Kunst(berichterstattung) wider.
3. Das spielerische Element
Auf einem Tisch waren große Mengen Buchstabensuppenbuchstaben ausgestreut, die Besucher eingeladen, dort nach Lust und Laune „diskursiv zu spielen“. Tatsächlich wurde begeistert mit den Buchstaben gearbeitet: (neue Begriffe) buchstabiert, sortiert, gefühlt, Muster gelegt, aber auch kreativ entwendet und sogar verkostet. Diese Fingerübungen wurden via Kamera live auf eine vom Tisch aus nicht einsichtige Leinwand übertragen und somit digital gespiegelt.
Diese Station war als selbsterklärendes Beispiel der Soziophanten Internationale (Nr. 13 im Glossar) konzipiert:
Von wegen Künstler: Jeder ist ein Diskurstheoretiker, hätte Beuys heute gesagt. Die Nullerjahre brachen eine
antididaktische Revolution gegen die Hegemonie der selbsternannten Diskurspäpste und ihrer kastrierten
Zwangsintellektualität vom Lattenzaun. Leider verfingen sich deren VerfechterInnen jedoch selbst in
hermetischen Metaphernlabyrinthen und redeten dabei auch noch dem mittlerweile west-östlichen Götzen Kunstmarkt
nach dem Krakenschnabel. Als protopartizipative Gegenbewegung ist die Soziophante Internationale zur
demokratischen DIY-Ermächtigung des weltumspannenden Künstler- und Betrachterprekariats geworden:
Kampf den Theoriepalästen! Friede den Autodidaktenhütten!

4. Die akustische Tapete
An einem zweiten Tisch an anderer Stelle wurden von den Künstlern und vom Publikum während der Aktion die Begriffsdefinitionen vorgetragen und via Lautsprecher in den Raum geworfen. Dieser "Theorie-Loop" wurde zur akustischen Tapete der Aktion.
5. Kleinartefakte und CEMS-Fundus
An anderer Stelle waren die „Handouts“, mit CEMS-Theorie bedruckte Tapetenstücke, aufgelegt und Beispiele bisheriger CEMS-Artefakte, die in vorangegangenen Aktionen entstanden waren, in einem Glaskubus ausgestellt.

Es ist dem MUSA zu verdanken, dass es den beiden Künstlern Schwertsik und Endlicher seine Sammlung zur Verfügung stellt, um aufzuzeigen, wie gerade in den 70er Jahren auch in Österreich künstlerische Positionen explodierten und welche Vielfalt an Inhalten und Ausdrucksmitteln dabei entstand. Diese Ausstellung erlaubt es Cynthia Schwertsik und Michael Endlicher, ihr Referenzsystem zu verwurzeln: was heute in den Schubladen ihrer neuen Begrifflichkeit liegt, war damals noch der Ausdruck einer gewaltigen Vereinzelung. Anders ausgedrückt: was heute in den zahllosen Ateliers rund um die Welt herum geschaffen wird, stützt sich auf Ahnen, auf Vorbilder und auf erste Gehversuche der Kunst auf einem langen Weg her zu einer Gegenwart, die den künstlerischen Ausdruck vollständig entfesselt sieht.
(Christoph Braendle)

Helmut Ploebst verfasste im Standard dazu den Artikel Kastrationsangst in der Parallelwelt.



> WZIK! (Wir Zertifizieren Ihre KUNST!) Von und mit CEMS
bei METAmART/Die Marktmodelle, Künstlerhaus Wien, November 2011 bis Februar 2012

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe GelegenheitskäuferInnen, SammlerInnen, GaleristInnen, AusstellungsmacherInnen und MuseumsleiterInnen: Wie Sie wissen, ist heute nur mehr systematisch ausdefinierte Kunst auch wertbeständige Kunst. Wir laden Sie ein, Ihre Kunstwerke, Ausstellungen oder Sammlungskonzepte einer kunsttheoretischen Zertifizierung zu unterziehen. CEMS erstellen ihre Expertisen auf Basis des permanent im Wachsen befindlichen Glossars der neuen Kunstdefinitionen für den globalen Kunstmarkt des 21. Jh.: Von Arcadientia bis Zöllitrophismus. Nach vollzogener Klassifizierung besiegeln CEMS mit einem Zertifikat die eindeutige Positionierung Ihres Werks im neuen Kunstkanon. Dann hat Ihre Kunst tatsächlich Zukunft.
(CEMS)



> Definitiv: Kunst! Eine unerhörte Aktion von CEMS
23. und 24. September 2011, Museum der Unerhörten Dinge, Berlin

Die Besucher von Definitiv: Kunst! waren eingeladen, persönliche Artefakte – objects trouves, Alltagsgegenstände oder was auch immer an geliebten oder gehassten Dingen – in das Museum mitzubringen. CEMS transformierten alles in Kunst. Theoretisch lag der Aktion erstmals Von Arcadientia bis Zöllitrophie, das von den beiden entwickelte Glossar an neuen Kunstdefinitionen bzw. –richtungen zugrunde. Beispiele zu daraus entnommenen Begriffen waren in der Ausstellung zu sehen, neue entstanden aus den eingebrachten Dingen vor Ort. Durch das mehr oder weniger standardisierte Eingreifen der Künstler in Zusammenarbeit mit dem Überbringer wurde die Verwandlung seines Dings in die jeweils neue Kunstform vollzogen. Die Kunstwerke erhielten das offizielle CEMS Künstlersiegel und wurden an die Einbringer retourniert, für die Signatur der Künstler eine geringe Schutzgebühr eingehoben.



> Charta Incognita - gezinkte Karten? CEMS bei UnORTnung VI
im ehemaligen Kartographischen Institut, 1080 Wien, November 2010

In Boden, Wand und Decke auffindbare Abriss- und Verfallsspuren in den Räumen des ehemaligen Kartografischen Instituts gemahnen an Kartendarstellungen, an eingeschriebene, surrealistische Arbeitsproben der angesehenen Institution. Diese werden durch Bilderrahmen zum „gefundenen Kunstobjekt“ aufgewertet. Mit dem Verweis auf Karten als Konstruktionsmittel von zurecht-gewünschten oder imaginären geografischen Paradiesversprechen bringen Schwertsik und Endlicher unter Einbeziehung der Besucher – diese werden eingeladen, persönliche „Karten“ zu entdecken und von den Wänden abzunehmen – eine Metaebene von Sehnsucht und Gedankenflucht ins Spiel. Die Spuren der Vergangenheit des institutionellen Raums werden zu einer wehmütigen Vorschau auf seine zukünftige Nutzung als Altenheim inklusive transzendentalem Überbau.
(Pressetext)